Phantasiereisen und Pädagogik

Phantasiereisen und „social skills“

Phantasiereisen bieten ideale Möglichkeiten, um sich seines eigenen Verhaltens in bestimmten Situationen bewusst zu werden und andere Verhaltensweisen einzuüben.

Die damit verbundenen Gefühle und Überzeugungen, die dem Betroffenen häufig nicht einmal bewusst sind, können durch Phantasiereisen aufgedeckt und bearbeitet werden – ein Grund, weshalb Phantasiereisen auch in der psychologischen Verhaltenstherapie eingesetzt werden.

Besonders wertvoll werden Phantasiereisen dort, wo es um die Förderung sozialer Kompetenzen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit oder Konfliktbewältigung geht. Diese elementaren „social skills“ nehmen nicht nur in der Kinder- und Jugendarbeit, sondern auch in der Erwachsenenbildung einen hohen Rang ein, da sie für jedes menschliche Miteinander von herausragender Bedeutung sind.

Während der Phantasiereise können problematische Situationen angstfrei erlebt werden, und der Hörer erhält Gelegenheit, seine Emotionen und Gedanken in der vorgestellten Situation in aller Ruhe zu erfahren und sich ihrer bewusst zu werden.

Diese Möglichkeit der Selbstreflektion vertieft das Verständnis des Hörers für seine eigene Position im Geschehen – eine Grundvoraussetzung dafür, mit belastenden Situationen im Alltag bewusster und gelassener umzugehen. Darüber hinaus kann der Hörer während der Phantasiereise Verhaltensweisen ausprobieren, die ihm im Alltag nicht möglich sind, und seine eigene Reaktion darauf beobachten, um mehr Klarheit zu gewinnen.

Warum entstehen Kommunikationsprobleme? Worüber bin ich wütend? Was würde ich am liebsten sagen? Was würde passieren, wenn ich mich offen äußern würde? Diesen und ähnlichen Fragen kann der Hörer während der Phantasiereise in Ruhe nachgehen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.

Dadurch dass Phantasiereisen wiederholt angehört werden, tritt ein Übungseffekt ein, denn das Gehirn unterscheidet nicht zwischen einer Erfahrung, die in der Vorstellung gemacht wurde, und einer „realen“ Erfahrung.

Mit der Zeit lernt der Übende so, mehr auf seine eigenen Gedanken und Emotionen zu achten und sein Verhalten bewusster zu steuern, ohne reflexhaft mit Angst oder Unbehagen auf Konfliktsituationen zu reagieren.

Phantasiereisen in Vorschul- und Schulpädagogik

Unsere moderne Umwelt ist alles andere als kindgerecht und überfordert gerade jüngere Kinder häufig mit unverständlichen oder Angst einflößenden Situationen. Diese Erfahrungen müssen vom kindlichen Geist verarbeitet werden, damit das Kind das Erlebte in seinen Wissensschatz integrieren und ein Vertrauensverhältnis zur Welt aufbauen kann, in die es hineinwächst.

Oft erfahren sich Kinder im Alltag als ohnmächtig oder unterlegen und versuchen, das Gefühl der Kontrolle über ihre Umwelt durch Dominanz oder Aggression aufrechtzuerhalten, um sich sicher zu fühlen.

Hier können Phantasiereisen auf viele verschiedene Arten kreativ eingesetzt werden, um Kindern das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln. Eine der wichtigsten Aufgaben, die Phantasiereisen in der Vorschul- und Schulpädagogik leisten können, liegt darin, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken und sie dazu zu ermutigen, eigene Erfahrungen zu machen und stolz auf die eigenen Leistungen zu sein.

In der Phantasiereise kann eine kindgerechte Umgebung kreiert werden, die Kindern Lust macht, auf Entdeckungsreise zu gehen und ihre eigenen Stärken kennenzulernen. Spielerische Elemente und Spaß stehen dabei im Vordergrund.

Auch angstbesetzte Situationen können in der Phantasiereise durchaus kindgerecht thematisiert werden, indem das Kind behutsam an eine Angst auslösende Situation herangeführt wird (siehe hierzu auch unsere Informationen über die Mitbehandlung von Angststörungen mit Phantasiereisen), während der Begegnung Unterstützung und Ermutigung erfährt und die Angst in ein Erfolgserlebnis verwandelt.

Die Möglichkeiten, hier Phantasiereisen sinnvoll einzusetzen, sind vielfältig – von der Förderung eines positiven Verhältnisses zum eigenen Körper, der Stärkung von Selbstvertrauen und Freude an der eigenen Leistung, der Bewältigung von Ängsten, der Förderung von Konzentrationsfähigkeit, Kreativität und Phantasie bis hin zur Konflikt- und Aggressionsbewältigung stehen hier eine Vielzahl von Themenbereichen zur Verfügung, die einen Einsatz von Phantasiereisen auch in der Sonder-, Heil- und Förderpädagogik vielversprechend erscheinen lassen.

Entspannt lernen mit Phantasiereisen

Einer der größten Vorteile, die Phantasiereisen bieten, ist der erzeugte tiefe Entspannungszustand. Im entspannten Zustand ist das Gehirn sehr aufnahmebereit, da ablenkende Außenreize weitgehend ausgeschaltet sind und die Konzentration auf das Gehörte leicht fällt. Es bietet sich daher an, Phantasiereisen auch zur Wissensvermittlung einzusetzen, etwa beim Erlernen von Sprachen.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass nicht jeder auf die gleiche Weise lernt. Manche Menschen lernen am besten, indem sie Informationen hören und selbst wiedergeben, andere brauchen visuelle Eindrücke, um sich Informationen einzuprägen, oder müssen das Gelernte niederschreiben.

Phantasiereisen können diesen unterschiedlichen Lerntypen Rechnung tragen, indem sie Informationen auf verschiedene Weisen präsentieren – als vorgestelltes Bild, als akustische Information, als Gegenstand, den man in der Phantasiereise berühren und bewegen kann – und so individuelle Unterschiede im Lernen durch wirkungsvolle Kombinationen mehrerer Faktoren berücksichtigen.

Lernen besteht allerdings nicht nur in der Vermittlung von Wissen, sondern auch im Erlernen von Verhaltensweisen und Fähigkeiten. Und gerade hier können Phantasiereisen wirkungsvoll eingesetzt werden, um beispielsweise bei Essstörungen, Suchterkrankungen, Angstreaktionen, bei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, beim Stressmanagement, bei Versagensängsten und in vielen anderen Problembereichen Fortschritte zu erzielen.

Phantasiereisen können hier helfen, indem sie die unserem Verhalten zugrunde liegenden Motive bewusst machen, unsere Reaktionen auf bestimmte Situationen verändern und das Einüben neuer Verhaltensweisen anbahnen. All dies sind Lernprozesse, die dazu beitragen können, ein bewussteres, ausgeglicheneres und erfüllteres Leben zu führen.

Lernziel Nummer Eins: Hinwendung zu sich selbst

Eines der wichtigsten Lernziele, das für alle Altersgruppen von großem Nutzen ist, ist die bewusste Hinwendung zu sich selbst, die Selbst-Erfahrung ermöglicht. Seelisches Wachstum ist nur dann möglich, wenn wir uns mit unseren Emotionen und Gedanken auseinandersetzen.

Die tiefe Entspannung, die in Phantasiereisen erfahren wird, bildet eine Grundvoraussetzung dazu, denn im Alltag sind wir allzu häufig durch Stress und durch die täglichen Anforderungen abgelenkt und verlieren den Kontakt zu uns selbst.

Die Fähigkeit, sich zu entspannen, wird dabei oft beeinträchtigt – und hier bieten Phantasiereisen einen optimalen Rahmen, um wieder zu sich selbst zurückzufinden und frei von Stress, Leistungsdruck und Angst angenehme Erfahrungen mit dem eigenen Selbst zu machen und Lebensfreude und Genussfähigkeit zurückzugewinnen.